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SCHNEIDER, Dorothea(* 1972)
Foto-Collage "Mein Oberhausen 92"
Fotografie. Oberhausen/Jena, Deutschland. Unten rechts signiert "Dodo". 1992, datiert.
Gerahmt & hinter Glas : 31,7 x 40,7 cm.
4 Fotografien von stillgelegten Industriegebäuden (das Gasometer sowie weitere Detailmotive mittlerweile abgerissener Industriegebäude in dessen Nachbarschaft) in der Stadt Oberhausen zeigend, von der Künstlerin selbst "Mein Oberhausen 92" tituliert. Das vorliegende, äußerst sammlungswürdige Werk dürfte anhand der Datierung zum äußerst selten im Kunsthandel verfügbaren Frühwerk der Künstlerin zu rechnen sein.
Die Künstlerin eröffnet der betrachtenden Person einen bewusst nüchternen, und dennoch melancholisch-empathischen Blick auf ihre Heimatstadt, der die im Verfall begriffenen Industriebauten in ihrer monumentalen Ausstrahlung würdevoll in Szene setzt.
Der titelgebende persönliche Bezug der Künstlerin zu Oberhausen spiegelt sich in der Ruhe und Statik der gewählten Motive wider, die in einem starken Kontrast zur frühen Industriemalerei der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts (z. B. Léonard Defrance, Pehr Hilleström u. a.) stehen, indem anstelle des industriellen Schaffungsprozesses und der menschlichen Arbeitskraft die Gebäude nicht länger nur als notwendige Staffage, sondern in ihrer Rolle als vertraute Umweltbegleiter in der Lebensrealität der Künstlerin als unikate Kunstwerke und eigenständige Charaktere verstanden werden. Zugleich stellt Dorothea Schneider sich mit ihrer Motivwahl, dem Gelände der bereits 1782 gegründeten Guthoffnungshütte/Hüttenwerke Oberhausen AG, in die historische Tradition dieser frühen Arbeiten industriell inspirierter Kunstwerke.
Mit dieser Herangehensweise ist Dorothea Schneider zu den absoluten Vorreiterinnen und Vorreitern des kulturellen Umdenkens im Ruhrgebiet zu rechnen. Besonders eindrucksvoll wird dies in ihrer Fotografie des Gasometers deutlich, die kurz vor dem Umbau des im Verfall begriffenen Industriedenkmals zu einer mittlerweile bedeutenden Kunst- und Kulturstätte im selben Jahr entstanden sein dürfte; die restlichen Bauten wurden im Zuge der Errichtung des "Centro", dem größten Einkaufszentrum Europas, 1996 abgerissen.
Die durch die Künstlerin datierten Fotografien aus dem Jahr 1992 könnten erst kürzlich oder in jüngerer Vergangenheit zu der vorliegenden Collage zusammengestellt worden sein, suggeriert die Rückseite des Rahmens mit der Aufschrift "Waldfest 2015" doch, ähnlich wie bei den von ihr fotografierten Motiven, eine Nutzungsumwidmung des Rahmens für das vorliegende Werk, der ebenso wie der rückwärtig angebrachte Vermerkzettel mit der Aufschrift "wohl Dorothea Schneider (*1972) frühe Fotografien aus der Reihe "Architektur und Verfall"" in der Handschrift der Künstlerin als Teil des Kunstwerks zu verstehen ist. Signiert mit dem wohl bereits in Jugendjahren vergebenen Kurznamen "Dodo", kokettiert die Künstlerin bewusst mit einem barocken Vanitas-Verständnis, das in seiner fotografischen Umsetzung nicht nur die Veränderung der Umwelt, sondern auch die Veränderung des menschlichen Selbst im Verlauf der voranschreitenden Zeit thematisiert.
Provenienz : Rückseitig mit handschriftlichem Vermerkzettel in der Handschrift der Künstlerin "wohl Dorothea Schneider (*1972) frühe Fotografien aus der Reihe "Architektur und Verfall". Großzügige Spende der Künstlerin für einen karitativen Zweck (Sonderauktion zugunsten der Kuchenkasse der Mitarbeitenden) an das Kunst- Auktionshaus WENDL.
Aufrufzeit - | voraussichtlich - Uhr (CET)